Berichte aus dem Jahr 2023


November 2023

NABU-Landschaftspflege: Orchideen-Lebensraum ökologisch aufgewertet

 

Nachfolgend finden Sie Informationen zu aktuellen Entwicklungen in unseren Projekten. Die Artikel vergangener Jahre sind nach Jahren sortiert - Sie finden Sie als Unterkategorien unter Aktuelles oder am Ende dieser Seite.

 

Am Samstag, dem 11. November 2023 fand die alljährliche Landschaftspflege des NABU Gärtringen-Herrenberg-Nufringen am Halbtrockenrasen im Gewann Greutäcker in Gärtringen-Rohrau statt. Für die Maßnahme besteht seit vielen Jahren eine Kooperation mit dem Schwarzwaldverein Gärtringen (https://www.schwarzwaldverein-gaertringen.de/), von dem auch dieses Jahr wieder mehrere Mitglieder an der Landschaftspflegeaktion teilnahmen. Trotz anfangs unbeständigen Wetters fanden sich 19 motivierte Naturschützer in Rohrau ein, um die Fläche für das nächste Jahr vorzubereiten. „Wir freuen uns sehr über die tatkräftige Unterstützung der vielen Aktiven, ohne die der Umfang der Maßnahme nicht zu bewältigen wäre“, so Yannick Mauch vom Sprecherteam des NABU.

 

Nachdem der anfängliche Nieselregen vorübergegangen war, konnte bei teilweise strahlendem Sonnenschein am Hang gearbeitet werden. Der Fokus der Maßnahme lag insbesondere auf der Beseitigung aufkommender Gehölzschösslinge, um den für den Lebensraum Halbtrockenrasen typischen Bewuchs mit einzelnen Wacholderbüschen zu erhalten. Bestens ausgerüstet gingen die Ehrenamtlichen mit Hacken, Spaten, Freischneidern und dornensicheren Handschuhen ans Werk, um die aufwachsenden Rosen, Eichen sowie Hartriegel- und Brombeerpflanzen zurückzudrängen und so das Aufwachsen und die weitere Verbreitung zu verhindern. „Der ökologische Wert der Fläche kann nur erhalten werden, wenn diese überwiegend busch- und baumlos gehalten wird. Seltene Pflanzenarten wie Karthäusernelke, Taubenskabiose, Silberdistel und heimische Orchideenarten kommen hier in den Greutäckern vor, da sie genau diesen offenen Lebensraum benötigen“, weiß NABU-Sprecherin Ulrike Kuhn. „Die hohe Artenvielfalt entstand durch die frühere Nutzung vieler solcher Flächen als Ziegenweide und für die Wanderschäferei sowie die Nutzung der aufwachsenden Gehölze. Durch fehlende Nutzung war die Fläche zu Wald geworden und dieser wurde vor 15 Jahren durch eine Ausgleichsmaßnahme der Gemeinde Gärtringen wieder gerodet.“ Die zuvor verlorengegangene Artenvielfalt konnte sich anschließend durch Beweidung der Fläche mit Ziegen und Schafen durch einen örtlichen Beweider nach der Pflanzenblüte und die Landschaftspflege des NABU wieder einstellen. Auch seltene Tierarten wie bodenbewohnende Wildbienen und auf die Blühpflanzen angewiesene Insektenarten profitieren von den Schutzbemühungen.

 

 

Neben den Gehölzarbeiten wurden mehrere Nistkästen gereinigt, die unter anderem verschiedenen Vogelarten und der gefährdeten Hornisse als Nistplatz dienten. „Vom Insektenreichtum der artenreichen Offenlandfläche profitierten auch die mehrere Nistkästen als Schlafquartiere nutzenden Fledermäuse“, so Mauch. Das Mähen von zu hoch aufgewachsenem Gras war ebenso Teil der Landschaftspflegearbeiten wie das Entfernen von kleinen Bäumen und Gebüschen mit der Motorsäge. Yannick Mauch erklärt, dass „Bäume und Gebüsche sich durch Früchte und Wurzelaustriebe teils rasant verbreiten und Nährstoffe in die aufgrund ihrer Nährstoffarmut wertvolle Halbtrockenrasenfläche eintragen. Zusätzlich werden die Hangflächen stark beschattet, was für viele der licht- und wärmeliebenden Zielarten sehr ungünstig ist.“

 

Nach 3 Stunden intensiver Arbeit gab es um 12.30 Uhr eine warme Kürbissuppe und selbstgebackenen Schokoladenkuchen als Mittagessen. Anschließend setzten einige Naturfreunde die Arbeit fort, bis die wichtigsten Teilbereiche vollständig bearbeitet waren. "Es ist erfreulich zu sehen, welche Verbesserungen wir gemeinsam bewirken können, wenn wir uns für den Schutz unserer Natur einsetzen", betonte Johanna Schulte aus Herrenberg, eine der Teilnehmerinnen. „Die Greutäcker sind ökologisch sehr wertvoll, die es für nachkommende Generationen zu bewahren gilt. Ich bin stolz darauf, meinen Teil beigetragen zu haben. Ich werde nächstes Jahr definitiv wieder mitmachen." Auch Ulrike Kuhn merkte an, dass „die Landschaftspflege-Aktion wieder einmal zeigte, wie viel erreicht werden kann, wenn Menschen sich gemeinsam für den Naturschutz engagieren. Der NABU und seine Unterstützer setzen ein wichtiges Zeichen dafür, dass gemeinsames Handeln einen nachhaltigen Beitrag zum Erhalt unserer biologischen Vielfalt leisten kann.“


Oktober 2023

Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024!

Hoffnung auf die Unterstützung der Unteren Naturschutzbehörde

 

Eine wichtige und ermutigende Neuigkeit für uns und viele Vogelfreunde ist sicher, dass der Kiebitz zum Vogel des Jahres 2024 gewählt wurde. In Deutschland ist der Vogel stark bedroht, in Baden-Württemberg der Bestand sogar kurz vor dem Erlöschen. Die Zahl der Kiebitze hat seit 1990 um über 90 % abgenommen.

 

Wir hoffen, dass die Wahl des Kiebitzes zum Vogel des Jahres auch für die bei uns zuständigen Naturschutzbehörden ein Anreiz ist, die fachlich notwendigen Maßnahmen zu genehmigen und die positive Entwicklung im Nufringer Ried zu unterstützen.

Keiner der Beteiligten sollte von den Planungen für die Entwicklung ausgeschlossen werden. Das Vorgehen der Unteren Naturschutzbehörde in Böblingen und der Oberen Naturschutzbehörde in Stuttgart sollte sich nach den geltenden EU-, Bundes- und Landesvorschriften richten, nach denen für den Kiebitz höchste Maßnahmenpriorität besteht:

 

Der Kiebitz gehört im Zielartenkonzept Baden-Württemberg zur Landesgruppe A: „Vom Aussterben bedrohte Arten mit meist isolierten bzw. akut bedrohten Vorkommen, für deren Erhaltung umgehende Artenhilfsmaßnahmen erforderlich sind“ (LUBW, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg).

 

In Deutschland gilt er als Art in besonderer Verantwortung (Bundesamt für Naturschutz BfN).

 

In Europa gilt der Kiebitz als Art des Anhangs 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie, für deren Schutz besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen.

 

Copyright: Ulrike Kuhn. Ein Kiebitz auf einer Fläche mit niedriger Vegetationshöhe.
Copyright: Ulrike Kuhn. Ein Kiebitz auf einer Fläche mit niedriger Vegetationshöhe.

 

Ursachen für den dramatischen Rückgang sind die Trockenlegung von Feuchtwiesen, ebenso die zu frühe und zu häufige Mahd. Deshalb versuchen viele Kiebitze auf Äckern zu brüten. Aber auch hier werden feuchte Stellen trockengelegt, die Felder werden häufig bearbeitet, und wegen der Pestizide gibt es zu wenig Nahrung (insbesondere für die Küken). Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass es immer mehr Bodenfeinde gibt, gegen die der Kiebitz seine Brut nicht schützen kann. Seit der Bekämpfung der Tollwut haben sich Füchse sehr stark vermehrt. In vielen Gegenden gibt es Waschbären und auch Marderhunde breiten sich aus.

 

Das Erfreuliche ist, dass der Kiebitz auf ganz bestimmte Maßnahmenpakete gut reagiert, sich in entsprechend gepflegten Projekten wieder ansiedelt und vermehrt. Allerdings müssen diese Projekte von Experten begleitet werden, damit die Erfolge von Dauer sind und viele Jungvögel flügge werden. Existieren derart stabile Populationen, so können sich die Vögel auch wieder in die Umgebung ausbreiten. Die Projekte funktionieren aber nur, wenn Ehrenamtliche vor Ort sich engmaschig bei der Betreuung engagieren.

 

Die Maßnahmen wie Beweidung mit robusten Rinderrassen, die Entfernung von Gehölzen um das Brutgebiet und die Schaffung von flachen Wasserstellen (Blänken) sind wichtige Bestandteile dieser Maßnahmen. Dadurch werden auch viele andere stark bedrohte Arten begünstigt, die sich dann wieder einstellen, z. B. Amphibien wie Wechselkröte oder Laubfrosch. Die Artenvielfalt wird dadurch deutlich erhöht. Keine Art leidet unter diesen Maßnahmen.

 

Unserer Gruppe ist es ein zentrales Anliegen, den Kiebitz hier vor Ort auf geeigneten Flächen vor dem Aussterben zu bewahren. Im Nufringer Ried liegen Quellen, die auch in trockenen Zeiten das Gelände feucht halten. Dieses zum großen Teil geschützte Gebiet ist prädestiniert für die Kiebitze, die auch früher dort gebrütet haben, als es noch eine feuchte offene Landschaft fast ohne Bäume war. Allerdings haben sich auf dem Gelände viele Bäume und Büsche stark vermehrt, und das Gebiet wächst weiter zu. Der Kiebitz meidet aber mit weitem Abstand Bäume und Gebüsch. Er braucht niedrigwüchsige Wiesen und offene Bodenstellen, wo er und die Jungen Nahrung suchen können. Die Beweidung muss entsprechend angepasst werden und das Gras darf nicht zu hoch werden, sonst wird die Brut aufgegeben.

 

Entscheidend ist also die gezielte Gehölzrücknahme an Stellen, wo es erforderlich ist, Herstellung von Blänken und genau angepasste Beweidung. Dafür wünschen wir uns die aktive Unterstützung der Naturschutzbehörde und die Berücksichtigung der überregional ebenso wie bei uns geltenden Vorschriften.


Juli 2023

Ergänzung zur Entwicklung im Nufringer Ried : Vier Kiebitzbruten und 12 bis 14 flügge Junge - ein herausragender Erfolg

Einer der flügge gewordenen Jungvögel im Nufringer Ried. Copyright: Ulrike Kuhn.
Einer der flügge gewordenen Jungvögel im Nufringer Ried. Copyright: Ulrike Kuhn.

 

Wie schon erwähnt, gab es in den letzten Jahren zunehmend Stillstand und Rückschritt in der Entwicklung des Nufringer Rieds. Das führte dazu, dass der Gemeinderat die Auftragsverlängerung der zuständigen Büros, die in enger Abstimmung mit der UNB agierten, im letzten Herbst einstimmig ablehnte.

Dieses Jahr können wir von einer äußerst erfreulichen Saison berichten. Schon über den Winter haben unsere Aktiven mit maschineller Unterstützung durch die Gemeinde das Gelände vorbereitet. Die Kommunikation mit der Verwaltung ist uns generell sehr wichtig. Herr Seeger, dessen Galloways dort weiden, trägt seinerseits durch gute Kooperation wesentlich zum Artenschutz bei. Durch geschickte Steuerung der Ganzjahresbeweidung konnte das Brutareal für den Kiebitz einladend hergerichtet werden. Die so entstandenen offenen Bodenflächen sind hervorragend geeignet als Brut- und Nahrungsflächen für Kiebitze. Der Aufwuchs des Grases ist auf diesen Arealen verzögert. Dadurch behalten die Bodenbrüter den geforderten Überblick, bis die Jungen geschlüpft sind.

Am 11. März bauten unsere Helfer einen Elektronetzzaun um das zu erwartende Brutgebiet auf. Kurz darauf stellten sich die ersten Kiebitze ein und fingen an zu balzen. Während der Brutzeit wurde zum Schutz der Gelege innerhalb des Zauns nicht beweidet.

 

Insgesamt gab es vier Bruten, so viele wie Jahrzehnte nicht! Wir können uns über ein Rekordergebnis freuen: Alle verliefen erfolgreich, und 12 bis 14 Junge wurden flügge! Fachlich unterstützt wurden wir ehrenamtlich vom Diplombiologen und Kiebitzexperten Roland Steiner.

 

Der Zaun ist inzwischen wieder abgebaut. Die Kiebitze halten sich nur noch zeitweise im Nufringer Ried auf. Sie fliegen in der Umgebung umher und vermischen sich mit den Kiebitzen in der Krebsbachaue in Rohrau.

Wie schon bekannt, ist die Saison nach dem Ausstieg des NABU dort schlecht gelaufen. Alle, die von Anfang an das Projekt geplant und unterstützt hatten, sind nicht mehr beteiligt. Die bedeutendste Kolonie in Baden-Württemberg ist dadurch in Gefahr.

Umso wichtiger ist es, dass in der Umgebung die Ansiedlung von Tochterkolonien gefördert wird. Dafür wünschen wir uns von der UNB (Untere Naturschutzbehörde), dass sie die Entwicklung der möglichen Gebiete und die Durchführung von weiteren notwendigen Maßnahmen unterstützt.

Vor kurzem wurde vom Gemeinderat Herr Limmeroth vom Büro INA-Südwest in Herrenberg für die künftige Projektleitung einstimmig gewählt. Wir hoffen, dass es nun möglich ist, auf dem Weg der jetzigen positiven Entwicklung im Nufringer Ried im Sinne des Artenschutzes weiter voranzukommen. Selbstläufer sind die solche Projekte nicht. Sie sind nur erfolgreich, wenn notwendige Pflegemaßnahmen durchgeführt und das Projekt von Experten begleitet wird.

 

Nicht nur der Kiebitz profitiert von den richtigen Maßnahmen: Nach aufwendiger Schilfmahd am Ufer des Eisweihers im Winter haben auch die Tafelenten wieder gebrütet, ebenso wie Zwergtaucher, Teichhühner, Blässhühner und Schwäne. Auch für andere bedrohte Arten wie Bekassine, Zwergschnepfe, rastende Durchzügler, Amphibien, Libellen und andere Insekten ergeben sich durch die Maßnahmen für den Kiebitz wesentliche Vorteile, wodurch die Artenvielfalt erhöht wird. 


April und Mai 2023

Ergänzung zur Entwicklung im Kiebitzgebiet in Gärtringen: Fuchs vernichtet fast alle Gelege

 

Nach dem Ausstieg des NABU haben im Frühjahr 2023 Mitarbeiter des Bauhofs Gärtringen den Kiebitzschutzzaun aufgestellt. Die Nabu-Mitglieder übernehmen keine Verantwortung mehr, aber beobachten fast täglich das Geschehen vom Weg oberhalb des Gebiets. Von Anfang an waren nicht wenige Schwachstellen schon vorn und auch an entfernteren Stellen mit Fernglas und Spektiv zu sehen.

 

Der Beginn war zunächst vielversprechend. Die Kiebitze begannen zu brüten, aber nach einiger Zeit gingen immer mehr Gelege verloren bis auf einige wenige. Schon länger war zu befürchten, dass ein Fuchs dafür verantwortlich sein könnte.

 

Am 14. April um die Mittagszeit beobachteten mehrere Anwesende, auch ein Mitglied der NABU-Ortsgruppe, wie ein Fuchs von Westen her in das umzäunte Gebiet gelangte, längere Zeit umherlief, begleitet von einem großen Trupp Gänsen und sich schließlich im Aufwuchs des hinteren Bachlaufs innerhalb des Zauns zur Ruhe legte. Er war noch gegen Abend dort zu sehen.

 

Wir sind entsetzt, wie schnell die bedeutendste Einzelkolonie in Baden-Württemberg durch Herausdrängen aller, die von Anfang an mit hervorragender Expertise und vielen ehrenamtlichen Einsatzstunden das Gebiet entwickelt und zum Erfolg gebracht haben, massiv gefährdet werden kann. Auch wenn es schon wenige Nachbruten gibt, werden sie dem Fuchs zum Opfer fallen, wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird

Mit großer Besorgnis verfolgen wir diese fatale Entwicklung.

 

Am 4. Mai wurde ein weiteres Mal ein Fuchs im eingezäunten Areal beobachtet. Die Meldung ging wieder sofort an die Verantwortlichen. Ob die Gegenmaßnahmen der jetzt Zuständigen  etwas nützen, bleibt abzuwarten. Mit einem ausreichenden Bruterfolg ist leider nicht mehr zu rechnen. 

 

Neben dem Kiebitz müssen auch alle anderen Tiere bei der Anwesenheit des Fuchses Vorsicht walten lassen. Copyright: Ulrike Kuhn.
Neben dem Kiebitz müssen auch alle anderen Tiere bei der Anwesenheit des Fuchses Vorsicht walten lassen. Copyright: Ulrike Kuhn.
Gut sichtbar ist der Fuchs im Kiebitzgelände unterwegs. Copyright: Ulrike Kuhn.
Gut sichtbar ist der Fuchs im Kiebitzgelände unterwegs. Copyright: Ulrike Kuhn.